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    Kursbericht: Sternstunden – Bergfotografie bei Tag und Nacht

    In diesem Artikel wird es um eine artistravel-Fotoreise gehen. Im letzten Artikel haben wir über unsere Reise “Amrum - Insel im Licht” mit unserem Top Foto-Dozenten Martin Stock gesprochen. Heute wollen wir einen anderen Weg mit Euch einschlagen und über Stern- und Bergfotografie sprechen. Mal was ganz anderes. Dazu haben wir unseren Foto-Dozenten Hartmut Pönitz darum gebeten, über seinen Kurs ,,Sternstunden – Bergfotografie bei Tag und Nacht" zu berichten.
    Dabei gibt er uns einen sehr detaillierten Einblick! Seid gespannt! 

    Hartmut bietet den Kurs im April und im Oktober an, hier kommt Ihr zu seinen Kursen.

    Hier ein kleiner Vorgeschmack:

     

     

     

     

    Und los geht's! 

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    Die Spannung steigt: Es ist Sonntagabend kurz vor 18 Uhr. Gleich lerne ich alle Teilnehmer meiner Foto-Gruppe kennen, die zu diesem Zeitpunkt noch gar keine ist. Aber wir haben bis nächsten Freitag fünf Tage Zeit, um zusammenzuwachsen. Die Highlights meiner Heimatregion darf und soll ich präsentieren: Berchtesgaden-Ruhpolding. Im möglichst besten Licht, aus vielen Perspektiven, bei Tag und Nacht. Beim „Kennenlern-Essen”  geht es weniger darum, das Essen der Hotelküche kennenzulernen, sondern die Mitreisenden. Nicht selten läuft das so: „Ach, du auch wieder dabei?“ Wiederholungstäter sind wirklich keine Ausnahme, für andere dagegen ist es die erste Fotoreise.

     

    Montag

    Ab 10 Uhr geht´s weiter bzw. richtig los. Anhand eines kleinen „Dia-Vortrags“ mit Bildern der letzten 30 Jahre kommentiere ich meinen persönlichen Werdegang in und neben der Fotografie. Klar, damit verrate ich natürlich, wie ich so ticke und auch warum. Afrika, Südamerika, Kanada, England und Oberbayern am Alpenrand. Die Bilder zeigen viel von dem, was Fotografie ausmachen kann: und zwar nicht nur Landschaft. Wichtig ist mir, dass fotografiert, nicht fotokopiert wird. Soll heißen, die eigene Individualität wertet gebrauchte Motive auf, zu Originalen. Und Individualität haben wir alle! Am ersten Morgen sehen wir einige, die sich trauen, ein paar Bilder von zu Hause für eine erste Bildbesprechung öffentlich zu zeigen. Davon profitieren alle! Ich bekomme eine Ahnung, wo ich in den nächsten Tagen helfen kann und die anderen im Seminarraum, die sich noch nicht getraut haben, werden dazu motiviert:  „So schlimm ist der ja gar nicht!“

    Das ist keine Leistungsschau, wir machen Urlaub und genießen unser Hobby bei konstruktiver, gemütlicher Diskussion. Die Geschichte der Innovationen zeigt: Dinge entwickeln sich, wenn verschiedene Köpfe und Hände ihren Senf dazugeben.

    Und danach? Raus geht's, in Fahrgemeinschaften, ab ins Dreiseengebiet, „Klein-Kanada“ genannt und genau so schaut´s da auch aus. Vor allem im Winter: flaches Gelände, spiegelndes Wasser, Wiesen, knorrige Bäume, urige Hütten, Hunde und Kinder, die Blödsinn machen. Da ist für jeden was dabei! 

    Jetzt brauche ich einen Tisch fürs Nach-Mittagessen! Ich rufe bei der berühmten „Windbeutelgräfin“ an:  „ Eigentlich sind wir voll, aber wenn Du pünktlich bist: in 40 Minuten.“ Die Region ist mein Heimspiel, sowas hat seine Vorteile. Zum Sonnenuntergang fahren wir die 25 Minuten raus an den Chiemsee, dort gibt es: Steg, Wolken, Hafen, Boote, Fußgänger, blaue Stunde mit Kunstlicht. Die Ausrüstung reicht vom Fisheye bis zum 400mm Teleobjektiv. Dabei können Wischeffekte entstehen  oder auch keine. Auf jeden Fall aber mit Feierabendbierchen im Steinbach-Hotel. Der erste Tag war schon fast eine Reizüberflutung.

    Dienstag

    Da passt es gut, dass es regnet. Die Tagesplanung mache ich immer kurzfristig, anhand der Wetterprognosen. Im Laufe der Jahre habe ich u.a. gelernt, die Daten auf kachelmannwetter.com zu interpretieren. Das hilft, neben dem routinemäßigen Beobachten des Wetters, während man so vor sich hin lebt. A propos einfach leben: Wird ja gerne mal vergessen… Am besten kommt man mit dem Wetter klar, indem man es nimmt, wie es kommt und das Beste daraus macht. Enttäuschungen sind ausschließlich unsere Reaktion auf Erwartungen. Also, besser nix erwarten, zumindest nicht beim Wetter. Immer fröhlich bleiben!

     Wir nutzen die Zeit sinnvoll mit Bildbesprechungen und zusätzlich führe ich in das Thema Blitzen ein. Entfesseltes Blitzen, mit nur einem Handblitz, bietet wunderbare Möglichkeiten, mit selbst gesetztem Licht zu zeichnen und so sein Repertoire zu erweitern. Die Chance wird für meinen Geschmack zu wenig genutzt. Außerdem beschäftigen wir uns mit der Theorie der Sternenfotografie! War da nicht was, „Sternstunden“ oder so… Die Basics sind wichtig, sonst wird das nix in der Nacht.           Außerdem hilft das ,,Know-How” zu diesen Basics, wie Scharfstellen im Liveview auf winzige Punkte (Sterne), Histogramm, ISO, Weißabgleich, Blende, RAW, Brennweite, Panoramafotografie, HDR, Lichtmalerei und vor allem Belichtungszeit (meist zu knapp gewählt) natürlich auch „im Alltag“ tagsüber. Tatsächlich wird in dieser Woche zu 90% am Tag fotografiert, weil wir sonst tagsüber mehr Schlaf nachholen müssten und das wäre in der Region doch zu schade. 

    Beim Thema Sternenfotografie lohnt es sich, unbedingt vorher mal einen Kurs gemacht zu haben, am besten bei einem Referenten, der ehrlich erklärt, welche Hardware nötig ist und welche nicht. Und warum nicht. Man gibt schnell vierstellige Beträge für Zeug aus, was später nur im Regal rumliegt. Für das Geld könnte man schon fast wieder eine Fotoreise buchen.

    Nach der Theorie kommt die Umsetzung: mit geschlossenen oder verbundenen Augen die Kamera bedienen. Es hilft in der Nacht, wenn man die wichtigsten Handgriffe im Schlaf drauf hat. Die erste Übung in toller Umgebung machen wir gleich in Ruhpolding am Golfplatz. Manche Teilnehmer bitten generell um mehr Unterstützung, andere um weniger. Das heißt für mich: Ich versuche immer die Anregungen entsprechend dem Entwicklungsstand zu dosieren. Und wieder andere sagen klipp und klar, ich solle ihnen nur die Locations zeigen, fotografieren können sie selber.  Auch das ist kein Problem. Am Golfplatz ist es ebenerdig, keine Stolperfallen, viel Platz für viele Fotografen mit roten Stirnlampen. Es wäre ja ganz toll, wenn sich sonst alle gegenseitig die Fotos mit rotem Licht versauen. Ruhpolding hat den großen Vorteil von wenig Lichtverschmutzung. Es ist wirklich eine dunkle Ecke, wie es nur wenige in Deutschland gibt. Bezaubernd! 

    Mittwoch

    Es geht früh los, heute haben wir einiges vor. Wir wollen zur Blauen Stunde am Hintersee bei Berchtesgaden sein, fast 40 Minuten Fahrt. Aber es lohnt sich, wir sind alleine an einem der meist fotografiertesten Spots in Deutschland. Trotzdem wird die Stelle nie ihren Reiz verlieren, schon gar nicht für alle, die zum ersten Mal vor Ort sind.Und auch wer zum zehnten Mal dort aufschlägt, findet hier immer noch die Chance ein ganz neues Foto zu machen, wenn er kurz innehält, durchatmet, sich konzentriert, und länger, exakter hinschaut! 

    Trotz launigen Kommentaren schippern wir im dichten Frühnebel über den Königssee. Das ist richtig so, denn auf dem Rückweg werden wir eh blauen Himmel haben. Wie langweilig. ;)

    Wichtig: die Plätze auf der rechten Seite (in Fahrtrichtung) in Beschlag nehmen, weil rechts unser Motiv, die berühmten Zwiebeltürme, auftauchen. Unvermittelt und spannend schälen sie sich aus dem auflockernden Nebel. Von der Watzmann-Ostwand ist noch fast nix zu sehen – aber am Nachmittag. Das Timing passt.

    Zu dieser frühen Tageszeit sind hinten am Obersee noch nicht viele Wanderer unterwegs. Im Nebel lässt sich herrlich minimalistisch fotografieren, auch mit entfesseltem Blitz. Allerdings lockert der weiße Vorhang über’m See immer weiter auf, gibt immer mehr Ansichten frei. Diese 20 Minuten sind an Spannung und Dramatik kaum zu toppen. Die Zeit vergeht wie im Flug, nach 90 Minuten haben wir uns am Obersee bis zur Alm „vorgearbeitet". Es ist bereits Halbzeit, die halbe Woche ist schon verstrichen. Wahnsinn! Fotografie bedeutet intensives Leben. Man nutzt seine Zeit, anstatt sie zu verbringen.

    Vom Mittagessen oben, in der Gaststätte Vorderbrand, geht’s weiter auf die Rossfeld-Panoramastraße. Bei 1500m gibt’s eine zweite Chance, das gleiche Spiel nochmal wie vorher unten auf dem Königssee: durchziehender Nebel, der sich allmählich auflöst. Perfekte Bedingungen, um seine Kreativität weiter zu entwickeln. Mit dem Tele picken wir uns Details vor oder in der weißen Watte heraus und mit dem Weitwinkel verewigen wir die immer besser sichtbaren Blicke in die Tiefe. Unten liegt Österreich. Weil die Veränderungen so schnell ablaufen, besteht die Gefahr, dass man nur „hinterher knipst" anstatt bewusst zu fotografieren. Immer wieder mein Tipp: genau hinschauen und sich bewusst machen, was einen da tatsächlich anspricht! Und das sollte dann auch groß auf dem Bild zu sehen sein, sonst erschließt sich dem Betrachter die Bildaussage nicht.

    Zum Sonnenuntergang suchen wir gezielt Stellen mit tollen Perspektiven auf Berchtesgaden. Es geht darum das Auge zu schulen, einen Meter weiter links, fünf Meter weiter rechts, rauf & runter.

    Den Abschluss des Tages bildet unsere genehmigte Fotosession aus dem Werftbereich am Königssee. In der Blauen Stunde, wenn die Lampen an der Anlegestelle für die Elektroboote angehen, ist die Stimmung ohne Zusätze schon toll. „Na, bist wieder da?“, grinst mich der Pförtner an. 

    „Ja, und wenn alles gut geht, komme ich im September nochmal.“  Zum Aufhellen der dunklen Holzhütten am Wasser benutze ich einen 3200 Lumen LED-Scheinwerfer. Lichtmalerei! Der Aha-Effekt auf den Fotos ist gewaltig! Begeistert, glücklich und müde steigen wir in die Autos und ruckeln zurück nach Ruhpolding. Feierabendbierchen…

    Donnerstag

    Nach dem Ausschlafen erst eine Runde Bildbesprechung, denn bis Freitagabend werden wir nun keine Zeit mehr dafür haben. Die letzte Bildbesprechung planen wir für 2 Wochen nach der Tour online ein. Das Wetter ist super, die Gruppe total harmonisch… wir haben was Spezielles vor. Beim Bilder gucken zeigt sich mal wieder: Auf den meisten Fotos ist zu viel drauf. Es lässt sich natürlich noch im Nachhinein beschneiden, also destillieren, aber vorher schon genau schauen ist sicher nicht verkehrt.

    Jede Situation sollte genutzt werden, um das Auge immer weiter zu schulen. Die Gruppe teilt sich auf. Sieben von zehn möchten mit mir eine ganz exklusive Nacht in einer urigen Hütte auf dem Kienberg verbringen. Die Hütte gehört dem SC Inzell, ist eigentlich nur für Sportler. Weil ich auch mal einer war, darf ich mir den Schlüssel immer mal wieder ausleihen. Die, die unten bleiben, bekommen von mir immer ein Programm, es soll sich keiner beschweren, er hätte zu wenig fotografiert. Tatsächlich wird dieses Programm meist eingetauscht gegen das Schwimmbad im Keller des Hotels. Relaxen, so eine Fotoreise ist nämlich durchaus fordernd.

    Für mich vor allem der 90-Minuten-Marsch auf gutem Schotterweg rüber zur Hütte. Mit der Gondel geht es auf den Rauschberg und dann zum Kienberg. Bergab, bergauf und am nächsten Tag andersherum. Dank Corona dürfen wir die Bettwäsche vor Ort nicht nutzen, d.h. ich schleppe alleine 6 Schlafsäcke in meinem Rucksack über den Berg, plus Essen, Kaffee usw. Hartmut, das Muli, mal wieder mit 25 kg unterwegs. Die Aussichten in die österreichischen Berge, bis rüber zum Großglockner kann man schauen, sind ein echtes Erlebnis. Auch die Hütte mit Bettenlager finden alle klasse.

    Plumpsklo zwar, aber mit Solarstrom und eigener Wasserquelle. Es kommt ein ,,Feeling” auf, wie früher bei den Pfadfindern oder auf Klassenfahrt. Zum Sonnenuntergang wird fotografiert, danach gegessen und dann geschlafen – bis der Wecker schellt: 2 Uhr. Jetzt wird die Milchstraße sichtbar über den noch verschneiten Berggipfeln. Alle raus! Es gilt die Übungen zur Sternenfotografie umzusetzen. Funktioniert: Alle kommen zu ihren Fotos! Die Sterne sind scharf und die Belichtung passt, den Rest macht die Bildbearbeitung später. Gute Astro-Landschaftsfotografie lebt zu mindestens 50 % von der Bildbearbeitung.

    Nach dem Frühstück machen wir uns wieder müde und beseelt auf den Rückweg zur Gondel. Spätestens unten im Hotel am Freitagvormittag,  sind alle optimistisch: Wir gehören noch nicht zum alten Eisen!

     

    Freitag

    Erst mal duschen, Nickerchen machen, Mittagessen …nochmal nach Berchtesgaden in die Wimbachklamm. Eine tolle Wasser-Szenerie, speziell im leichten Nieselregen empfehlenswert, weil man sie dann für sich alleine hat. Um 17 Uhr endet die Woche offiziell, das ist ganz großes Pech. Diese Wasserwände bieten auch wieder Motive aus sämtlichen Perspektiven. Von Makro über Weitwinkel bis Tele. Und weil das Wetter nun wieder passt, fahren wir noch schnell zu meiner Lieblingskapelle und Lieblingswiese. Von beiden Stellen haben wir einen faszinierenden Blick auf die markante Silhouette des Watzmanns, garniert mit verschiedenen Vordergründen. Aber… die Luft ist raus. Alle stehen nur noch in der Landschaft, saugen die Szenerie in sich rein und keiner fotografiert mehr. Es reicht… fast. Beim Abendessen um 20:30 Uhr blicken wir aus dem Fenster und sehen… nichts. Kein Wölkchen, kein Mond, nur Sterne. Vier grinsen mich an: „Hättest Du noch Lust?“ „Klar, ne Stunde am Golfplatz geht noch.'' Aber dann, Feierabendbierchen!“

    Samstagmorgen 8 Uhr

    Ich fahre zum Frühstück nochmal runter ins Hotel, aber vor allem um „Servus“ zu sagen. Meist schweißt so eine Fotowoche zumindest einen größeren Teil der Fotogruppen so zusammen, dass bei der Verabschiedung direkt ein bisschen Wehmut aufkommt. Man sieht sich… nächstes Jahr bei der nächsten Tour!

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    Danke für den tollen und sympathischen Einblick in diese wunderbare Fotoreise! Ich hatte wirklich das Gefühl dabei zu sein!

    Ihr wollt auch so eine Fotoreise erleben? 

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